Nachfolgend veröffentlichen wir die
1.Allgemeinverfügung des Landkreises Cloppenburg zur Eindämmung der Atemwegserkrankung „Covid-19″ durch den Corona-Viruserreger SARS-CoV-2 durch Einschränkung des Betriebs von Kindertageseinrichtungen, Schulen sowie in Pflegeeinrichtungen und besonderen Wohnformen vom 06.11.2020
Die Allgemeinverfügung können Sie hier >>bitte klicken<< als PDF herunterladen. Sie gilt ab Montag, den 09.11.2020.
Gemäß § 28 Abs. 1 S. 1 und 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG)*, § 18 Nds. Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus SARS-CoV-2 (Nds. Corona-Verordnung)* und § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und S. 3 Nds. Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst (NGöGD)* wird folgende Allgemeinverfügung erlassen:
- Kindertageseinrichtungen
1.1 Für Kindertageseinrichtungen wird abweichend von § 12 Abs. 1 Nds. Corona-VO ein eingeschränkter Betrieb i. S. d. § 12 Abs. 2 Nds. Corona-VO i. V. m. dem Niedersächsischen Rahmen-Hygieneplan Corona Kindertagesbetreuung „Szenario B“ vom 2. Oktober 2020 angeordnet.
- Schulen
2.1 Für alle Schulen nach § 13 Abs. 6 Nds. Corona-VO, ausgenommen Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt GE und Tagesbildungsstätten, wird ein Betrieb
i. S. d. § 13 Abs. 2 Nds. Corona-VO i. V. m. dem Niedersächsischen Rahmen-Hygieneplan Corona Schule „Szenario B“ vom 22. Oktober 2020 für die Geltungsdauer dieser Verfügung angeordnet; der Entfall der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung für Schülerinnen und Schüler der Sekundarbereiche I und II während des Unterrichts im „Szenario B“ nach § 13 Abs. 1 S. 7 Nds. Corona-VO findet keine Anwendung. Im Übrigen bleibt für alle Förderschulen und Tagesbildungsstätten bei Vorliegen der Voraussetzungen die Anwendung des § 13 Abs. 2 Nds. Corona-VO (Wechsel in „Szenario B“), unabhängig von S. 1, unberührt.
Ausnahmen:
2.1.1 Ausgenommen von der Anordnung nach Ziffer 2.1 ist die Durchführung von vorgeschriebenen Zwischen- und Abschlussprüfungen sowie die hierfür erforderlichen weiteren Prüfungen.
2.2 Die Ausübung des praktischen Sportunterrichts wird an allen Schulen i. S. d. § 13 Abs. 6 Nds. Corona-VO untersagt.
Ausnahmen:
2.2.1 Ausgenommen von dem Verbot ist der Sportunterricht im Rahmen von vorgeschriebenen Zwischen- und Abschlussprüfungen.
- Pflegeeinrichtungen und besondere Wohnformen
3.1 In Heimen für ältere Menschen, pflegebedürftige Menschen oder Menschen mit Behinderungen nach § 2 Abs. 2 des Niedersächsischen Gesetzes über unterstüt-zende Wohnformen (NuWG) sowie in ambulant betreuten Wohngemeinschaften gemäß § 2 Abs. 3 NuWG, in Formen des betreuten Wohnens gemäß § 2 Abs. 4 NuWG und in ambulant betreuten Wohngemeinschaften zum Zweck der Intensivpflege, die nicht in den Geltungsbereich des NuWG fallen, sowie bei besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe ist pro Bewohnerin/Bewohner der Besuch durch eine Person pro Woche, d. h. im Zeitraum von Montag bis Sonntag, für die Dauer von 60 Minuten zulässig.
Ausnahmen:
3.1.1 Nicht unter die Besuchsregelung fallen Personen, die Leistungen der medizinischen Grundversorgung oder der medizinischen Fußpflege erbringen, Friseure, Richter, Notare, Betreuer, Geistliche sowie Personen, die dringend notwendige Handwerkerleistungen durchführen.
3.1.2 Der Besuch durch nahestehende Personen von palliativmedizinisch versorgten Bewohnerinnen und Bewohnern und von Bewohnerinnen und Bewohnern, bei denen der Sterbeprozess eingesetzt hat, sowie Besuche im Rahmen der Sterbebegleitung ist weiterhin zulässig. Die Anzahl der begleitenden Personen sowie die zeitliche Dauer ist auf das absolut notwendige Maß zu reduzieren.
3.2 Bewohnerinnen und Bewohner in Heimen für ältere Menschen, pflegebedürftige Menschen oder Menschen mit Behinderungen nach § 2 Abs. 2 NuWG sowie in
ambulant betreuten Wohngemeinschaften gemäß § 2 Abs. 3 NuWG, in Formen des betreuten Wohnens gemäß § 2 Abs. 4 NuWG und in ambulant betreuten
Wohngemeinschaften zum Zweck der Intensivpflege, die nicht in den Geltungsbereich des NuWG fallen, sowie in besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe ist das Verlassen der Einrichtung untersagt, wenn es in der Einrichtung ein aktuelles SARS-CoV-2-Infektionsgeschehen gibt.
Ausnahmen:
3.2.1 Hiervon ausgenommen ist das Verlassen der Einrichtung zu medizinischen Zwecken oder für die Teilnahme an Beerdigungen von Angehörigen i. S. d. § 11 Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch.
- Die Allgemeinverfügung gilt am Montag, den 09.11.2020 als bekanntgegeben. Die Anordnungen treten mit der Bekanntgabe der Allgemeinverfügung in Kraft. Sie gilt ab dem Zeitpunkt der Bekanntmachung bis einschließlich Montag, den 30. November 2020.
- Eine Zuwiderhandlung gegen diese Allgemeinverfügung stellt gemäß § 73 Abs. 1a Nr. 6 IfSG eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße von bis zu 25.000,00 EUR geahndet werden kann.
- Die Verfügung ist gem. § 28 Abs. 3 i. V. m. § 16 Abs. 8 IfSG sofort vollziehbar.
Begründung:
Das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 stellt die gesamte Gesellschaft und das Gesundheitssystem vor enorme Herausforderungen. Es besteht weltweit, deutschland-, niedersachsen- und kreisweit eine sehr dynamische und ernstzunehmende Situation mit kreisweit starker Zunahme der Fallzahlen im Landkreis Cloppenburg. Eine deutliche Zunahme der Fallzahlen ist zu Beginn gerade im Bereich des Alten Amtes Löningen zu verzeichnen gewesen. Mittlerweile hat sich die Zunahme des Infektionsgeschehens auf die übrigen Gemeinden des Landkreises ausgedehnt und lässt sich nicht mehr einem spezifischen Infektionsherd zuordnen. Die 7-Tagesinzidenz liegt aktuell bei über 300! Darüber hinaus hat die Weltgesundheitsorganisation die Ausbreitung des Virus und der dadurch hervorgerufenen Erkrankung COVID-19 am 11.03.2020 als Pandemie eingestuft.
Die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung im Landkreis Cloppenburg wird derzeit als hoch eingeschätzt. COVID-19 ist sehr infektiös. Besonders ältere Menschen und solche mit vorbestehenden Grunderkrankungen sind von schweren Krankheitsver- läufen betroffen und können an der Krankheit sterben.
Ziel muss sein, die Infektionskurve zu verlangsamen, um eine weitere Ausbreitung innerhalb des Landkreises zu verhindern. Weitreichende effektive Maßnahmen sind daher dringend notwendig, um im Interesse des Gesundheitsschutzes Infektionsketten schnellstmöglich zu unterbrechen.
Rechtsgrundlage für die getroffenen Maßnahmen ist § 28 Abs. 1 IfSG. Nach Satz 1 hat die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen zu treffen, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankhei- ten erforderlich ist. Die Infektionsschutzbehörde kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten. Nach Satz 2 kann die zuständige Behörde Ver- anstaltungen oder sonstige Ansammlungen von Menschen beschränken oder verbie- ten und Badeanstalten oder in § 33 genannte Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon schließen; sie kann auch Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte nicht zu betreten, bis die notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt worden sind.
Gem. § 18 der Nds. Corona-VO können die örtlichen Infektionsschutzbehörden über die Verordnung hinausgehende Anordnungen treffen und generelle Betretungsverbote erlassen, sofern dies im Interesse des Gesundheitsschutzes zwingend erforderlich.
Seit Freitag, dem 11.09.2020, ist die Anzahl der positiv getesteten Personen stark angestiegen. Zunächst waren insbesondere Personen aus dem Alten Amt Löningen vom Infektionsgeschehen betroffen. Zwischenzeitlich ist eine weitere Verbreitung des Infektionsgeschehens im gesamten Kreisgebiet zu beobachten. Weitergehende Infektionsschwerpunkte bilden vor allem die Bereiche des sozialen Zusammenlebens wie Schulen, Alten- und Pflegeheime. Gerade hier lassen sich seit dem Ende der Herbstferien wieder vermehrt Infektionen, verteilt auf das gesamte Kreisgebiet, feststellen.
Trotz der Vorgaben der Nds. Corona-VO und des Vorliegens von Hygienekonzepten in Schulen, Vereinen, gastronomischen Einrichtungen/Betrieben, Unternehmen, Betrieben des Einzel- und Großhandels, Alten- und Pflegeheimen und bei der Sportausübung konnte eine Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 im Bereich des Alten Amtes Löningen und eine Ausdehnung im Landkreis Cloppenburg nicht verhindert werden. Die Entwicklung des Infektionsgeschehens im sozialen Zusammenleben ist darüber hinaus bei uneingeschränkter Aufrechterhaltung des Betriebs von Kindertageseinrichtungen und Schulen, der Kontaktmöglichkeiten in Pflegeeinrichtungen sowie besonderen Wohnformen und trotz Einhaltung der Vorgaben der Nds. Corona-Verordnung und Ein- haltung der vorliegenden Hygienekonzepte nicht zu verlangsamen oder zu unterbrechen. Ferner ist ohne das Ergreifen von Maßnahmen nicht mehr sicherzustellen, dass der Betrieb von Kindertageseinrichtungen und Schulen fortgeführt werden kann.
Durch die Allgemeinverfügung des Landkreises werden über die Nds. Corona-VO hinausgehende Maßnahmen zur Entschleunigung der Verbreitung und Unterbrechung der Infektionsketten des Coronavirus SARS-CoV-2 im Landkreis Cloppenburg sowie die Fortführung des Betriebs von Kindertageseinrichtungen und Schulen sowie Pflegeeinrichtungen und besondere Wohnformen festgelegt. Diese Maßnahmen reduzieren im Bereich der Pflegeeinrichtungen und besonderen Wohnformen weiter die sozialen Kontakte. Daneben werden Bewohnerinnen und Bewohner der Pflegeeinrichtungen und besonderen Wohnformen verpflichtet, in der Einrichtung zu bleiben, wenn es in der Ein- richtung ein aktuelles SARS-CoV-2-Infektionsgeschehen gibt. Darüber hinaus werden Re- gelungen zum Betrieb von Kindertageseinrichtungen und Schulen, zum Sportunterricht und zur Maskenpflicht an den Schulen getroffen. Zur Vermeidung von Schulschließun- gen wird aufgrund der deutlich erhöhten Infektionszahlen und der Feststellung des Gesundheitsamtes, dass ein Regelbetrieb nicht mehr aufrecht erhalten werden kann, der Schulbetrieb in das Wechselmodell (Szenario B) umgestellt, um dennoch weiterhin ei- nen möglichst sicheren Schulbetrieb in Präsenzform aufrecht erhalten zu können. Das Szenario B wird allerdings durch die angeordneten Maßnahmen zum Tragen der Mund- Nasen-Bedeckung auch während des Unterrichts verschärft.
Nach eindringlicher Einschätzung der Fachexperten des Gesundheitsamtes ist damit zu rechnen, dass, ohne das Ergreifen von weiteren, über die Nds. Corona-VO hinausgehenden, Maßnahmen im gesamten Kreisgebiet, kurzfristig eine neue Eskalationsstufe der Pandemiebewältigung im gesamten Landkreis Cloppenburg eintreten wird. Es wird dann nicht mehr ausreichen, die Ansteckungen zurückzuverfolgen und alle betroffenen Personen unter Quarantäne zu stellen. Die Ansteckungsketten müssen aufgrund der hohen Inzidenz somit kurzfristig noch effektiver unterbrochen werden.
Die umzusetzenden Maßnahmen sind nach fachlicher Risikobewertung auch zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems und Eindämmung der Verbreitung zwingend erforderlich und auch erfolgversprechend möglich. Die notwen- digen und differenzierten Maßnahmen zur Kontaktreduzierung in besonderen Bereichen der Gesellschaft dienen ebenfalls der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems im gesamten Landkreis Cloppenburg über einen absehbar längeren Zeitraum hinaus.
Diese kontaktreduzierenden Maßnahmen tragen außerdem in besonderer Weise zum Schutz besonders vulnerabler Bevölkerungsgruppen, vor allem in den Pflegeeinrichtun- gen und besonderen Wohnformen, bei. Denn gegen den SARS-CoV-2 Virus steht derzeit keine Impfung bereit und es stehen keine gezielten, spezifischen Behandlungsmethoden zur Verfügung. Zielsetzung ist zudem eine noch effektivere Entschleunigung und Unterbrechung der Infektionsketten.
Mildere, gleich wirksame Mittel zur Erreichung dieses Zwecks sind nicht ersichtlich. Die Allgemeinverfügung ist auch angemessen, da sie nicht außer Verhältnis zu dem in der Allgemeinverfügung angestrebtem Schutz höherwertiger Rechtsgüter wie Leben, Leib und Gesundheit der Bevölkerung steht. Zudem sind diese Maßnahmen inhaltlich, zeitlich und räumlich auf das notwendige Maß begrenzt, um eine wirksame Verbreitung des Virus zu unterbinden. Nicht zuletzt wird durch die Maßnahmen sichergestellt, dass der Betrieb von Kindertageseinrichtungen und Schulen weiterhin aufrechterhalten werden kann.
Die Anordnung zu Ziffer 3.2 ist ebenfalls verhältnismäßig. Zum Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner, zur Sicherung des öffentlichen Gesundheitswesens sowie zur Eindämmung des Infektionsgeschehens ist es unabdingbar notwendig, die Bewohnerinnen und Bewohner der genannten Einrichtungen zu verpflichten, an dem Ort des Aufenthalts (in der Einrichtung) zu bleiben, wenn ein aktuelles Infektionsgeschehen in der Einrichtung festgestellt wird. Jede andere Maßnahme würde in Hinblick auf die hohe Inzidenz und rasante Verbreitung des Virus zwangsläufig zum Kollaps des örtlichen Gesundheitssystems und damit einhergehend unabwendbar zur Gefährdung der übrigen Bewohnerinnen und Bewohner der Einrichtung führen.
Räumlicher Geltungsbereich:
Diese Allgemeinverfügung gilt für das gesamte Kreisgebiet des Landkreises Cloppenburg.
Sonstige Hinweise:
Personen, die in andere Landkreise innerhalb Niedersachsens, andere Bundesländer oder andere Länder reisen, sind angehalten, sich entsprechend über Einreisebeschränkungen und Quarantänevorschriften des Reiseziels zu informieren.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Verfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Oldenburg, Schloßplatz 10, 26122 Oldenburg, erhoben werden. Gemäß § 28 Abs. 3 i. V. m. § 16 Abs. 8 IfSG hat eine Anfechtungsklage gegen diese Allgemeinverfügung keine aufschiebende Wirkung.
Cloppenburg, 06.11.2020
Johann Wimberg Landrat
Fundstellen:
Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG)
vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1385)
Nds. Verordnung über Maßnahmen über Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus SARS- CoV-2 (Nds. Corona-Verordnung)
vom 30. Oktober 2020 (Nds. GVBl Nr. 38/2020, Seite 368)
Niedersächsisches Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst (NGöGD)
vom 24. März 2006 (Nds GVBl. 2006, S. 178), zuletzt geändert durch Artikel 1 und 19 des Gesetzes vom 15. Juli 2020 (Nds GVBl. 2020, S. 244)